Hallo lieber Leser,
heute möchte ich Dir erklären, warum Du zur Bewertung von Aktienunternehmen nicht nur die am häufigsten verwendete Kennzahl „Gewinn je Aktie“ verwenden solltest und welche bessere Alternative es gibt.
Dazu erinnern wir uns an das Gedankenspiel vom letzten Beitrag: Basics der Aktienbewertung:
Du hast ein Unternehmen mit einem Börsenkurs von sagen wir mal 100€ pro Aktie und einem „Gewinn je Aktie“ von 10€. Dann hast Du vereinfacht gesagt eine Rendite von 10% auf Dein eingesetztes Kapital.
Weshalb solltest Du nun noch weitere Anstrengungen unternehmen, um eine Abschätzung zu machen? Ich erklärs Dir:
Der „Gewinn je Aktie“ gibt vom Prinzip an, wie viel vom Nettoergebnis (nach Steuern und Finanzierungskosten) pro Aktie übrig bleibt. Doch dies bedeutet nicht, dass dieses Geld am Ende des Tages auch der Profit ist, der in Deinem Geldbeutel landet, denn im Anschluss daran sind noch Abschreibungen und andere Wertberichtigungen, sowie Beschaffungskosten für den Weiterbetrieb des Geschäftes zu berücksichtigen. Deshalb bleibt von dem „Gewinn je Aktie“ am Ende des Tages nicht der ganze Betrag übrig, um für den Investor (damit bist Du gemeint) Wert zu stiften, Dividenden auszuzahlen, Investitionen zu tätigen oder um für sonstige Verwendungszwecke eingesetzt zu werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf den „Gewinn je Aktie“ ist, dass diese Zahl häufig durch einmalige Effekte verfälscht wird. Zudem sind die Buchhalter der Unternehmen nicht blöder als wir. Hier weiß jeder, dass die Analysten und der Großteil der Bevölkerung den „Gewinn je Aktie“ besonders im Fokus hat. Deshalb wird häufig versucht, diese Kennzahl besonders gut aussehen zu lassen. Hierzu bietet das Rechnungswesen eine Vielzahl von erlaubten Kniffen und Tricks an, die hier zu einer „schöneren“ Zahl führen können.
Weil die kleveren Hamster sich dessen bewusst sind, verwende ich für die wichtigste Berechnungsgröße, nämlich das Wachstum, deshalb neben dem „Gewinn je Aktie“ noch drei weitere Größen (Umsatz, Buchwert+Dividende, und Cashflow). Generell kann man sagen, dass nach den anerkannten Regeln des Rechnungswesens, lediglich eine kleine Anzahl der vier Wachstumswerte durch Tricksereien besonders aufgehübscht werden kann. Die Manipulation all dieser Werte ist jedoch nur mit illegalen Mitteln möglich, was für den betreffenden Verursacher eine besonders schöne Zeit im Gefängnis bedeuten würde. Somit erhöhen wir durch die Verwendung aller vier Zahlen unsere Sicherheit.
Welche Kennzahl kann denn für eine einfache Abschätzung verwendet werden? Die Antwort lautet „Freier Kapitalfluss“ oder auf Neudeutsch „Free cash flow“. Leider wird dieser in deutschen Geschäftsberichten nicht immer angegeben. Diese Zahl gibt an, wie viel vom Gewinn nach den oben beschriebenen Effekten noch übrig bleibt, um z.B. Investitionen zu tätigen, Schulden zu begleichen oder an die Aktionäre ausgeschüttet zu werden. Unterm Strich bedeutet dass: Der „Free cash flow“ ist das Geld, was das Unternehmen für dich erwirtschaftet, es sollte Dir besonders wichtig sein, dass diese Zahl im Verhältnis zu Deinem eingesetzten Kapital (Kaufpreis) im richtigen Verhältnis steht.
Hier nochmal ein kurzes Beispiel zu der obigen Firma:
Der „Gewinn je Aktie“ liegt bei 10€, der Aktienkurs bei 100€. Wenn wir nun einen „Free cash flow“ von 5€ je Aktie haben, dann liegt unsere Rendite nicht mehr bei 10% (Gewinn je Aktie geteilt durch Aktienkurs), sondern lediglich bei 5% (5€ geteilt durch Aktienkurs). Du siehst also, dass der Unterschied erheblich sein kann. Die Praxis beweist dies, wenn Du Dir einmal reale Zahlen ansiehst.
Deshalb das Fazit des heutigen Artikels:
Warren Buffett erwähnt den „Free cash flow“ sehr gerne und bezeichnet ihn auch als „Owners cash flow“, womit er andeutet, dass dieser Betrag der Wert ist, den das Unternehmen für uns erwirtschaftet. Für unsere Aktienbewertung verwenden wir das Wissen des Meisters persönlich und nutzen den „Free cash flow“ in unserer Aktienanalyse als 2. Standbein, um einen zweiten Blickwinkel auf das Unternehmen zu bekommen. Somit vermeiden wir die Falle, die mit der alleinigen Verwendung des „Gewinns je Aktie“ einhergehen.
Das solls erstmal zur trockenen Mathematik gewesen sein.
Wenn Du diese Zahlen auf Deinen Internetseiten nicht finden kannst, empfehle ich www.morningstar.com als Plattform.
Zudem lege ich jedem The Intelligent Investor ans Herz. Die Bibel für Value Investoren.
Bis dahin und Gruß
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[Quellen: Pexels.com]