Warum ich aktuell kaum noch zyklische Aktien kaufe!
Beschäftigst Du Dich mit zyklischen Aktien? Aktien kann man in verschiedene Kategorien einordnen und für jede Kategorie eine eigene Verfahrensweise anwenden. Beispielsweise hat Peter Lynch in seinem Bestseller „One Up on Wall Street“. Beschrieben, wie er Aktien in Zykliker, Nicht-Zykliker und sog. Asset-Plays unterteilt und für jede Kategorie eigene Bewertungsmaßstäbe anwendet. Der Ansatz ist denkbar einfach und effektiv. Das Buch kann ich jedem Börseninteressierten daher nur ans Herz legen. Nun schauen wir uns aber an, was zyklische Aktien eigentlich sind und warum ich sie aktuell nicht mehr kaufe.
Zyklische Aktien – Was macht eine Firma zum Zykliker?
Das Wort „zyklisch“ kommt von „Zyklus“ und beschreibt einen Kreislauf, der in der Regel durch ein „Auf und Ab“ definiert ist. Hier ein Bild zu einem klassischen zyklischen Verhalten:
Äußere Einflussfaktoren erzeugen einen Zyklus
Wenn wir über „zyklische“ Aktien sprechen, dann meinen wir in der Regel Unternehmen, die bestimmten Einflussfaktoren unterliegen, die ein zyklisches Geschäftsergebnis verursachen. Diese Einflussfaktoren können verschiedenste Gründe haben.
Das Ergebnis ist immer ein Unternehmen, das in manchen Zeiten besonders positive läuft, während es in anderen Zeiten nicht so gut (teilweise sogar katastrophal) läuft. Hier ein paar Beispiele für Einflussfaktoren, die ein zyklisches Verhalten verursachen können:
- Weihnachtsgeschäft beim Online- und Versandhandel
- Jahreszeiten bei der Nachfrage nach Gartenmöbeln
- Ein Wirtschaftszyklus führt zu steigenden und sinkenden Einkommen bei Bürgern
- Firmen können eigene Produktzyklen erzeugen (neues iPhone oder neue Chipgeneration)
Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Gründe, warum Geschäfte von zyklischen Aktien manchmal besser und danach wieder schlechter laufen.
Merkmal von zyklischen Aktien – Die Nachfrage wird zeitlich verschoben
Die zyklischen Einflussfaktoren führen dazu, dass Kunden in manchen Zeiten mehr Produkte nachfragen, als in anderen Zeiten. Meistens bleibt jedoch die Gesamtnachfrage davon unberührt. Hier mal ein plakatives Beispiel:
In einer Wirtschaftskrise können sich weniger Menschen ein neues Auto leisten. Deshalb verschieben sie den Autokauf in der Regel, bis das Geld wieder lockerer sitzt. Dann wird der Kauf nachgeholt. Es findet wegen den Einflussfaktoren also eine zeitliche Verzögerung des Kaufs statt.
Hier ein weiteres Beispiel:
Kurz vor dem Erscheinen eines neuen iPhones werden viele Apple-Kunden kein neues Gerät kaufen. Sie warten, bis das neue Modell auf dem Markt ist. Der Kauf wird also zeitlich verschoben.
Zyklische Aktien erkennen
Man erkennt relativ schnell, ob eine Aktie zyklisch ist oder nicht. Man kann einfach bei Google Trends nach Suchbegriffen schauen, die ein Kunde beim Kauf eingeben würde. Hier ein Beispiel von dem Suchbegriff „Zelt kaufen“:
Man erkennt sehr schnell, dass die Nachfrage nach Zelten einem festen Schema folgt. Neben dieser einfachen Form, kann man natürlich auch Kennzahlen verwenden.
Geringe oder schwankende Gewinnmargen
Die meisten zyklischen Aktien weisen entweder stark schwankende Gewinnmargen oder sehr niedrige Gewinnmargen auf. Die Einflussfaktoren (z.B. Wirtschaftszyklus) führen dazu, dass die Gewinnmargen mit dem Zyklus nach oben oder nach unten laufen.
Besonders zyklisch sind häufig Firmen, die sehr geringe Gewinnmargen haben (z.B. Autobauer). Hier führen sinkende Absatzzahlen häufig dazu, dass die Gewinne vollständig wegbrechen und sogar Verluste geschrieben werden.
Hohe Kapitalkosten
Die meisten zyklischen Aktien zeichnen sich durch hohe Kapitalkosten aus. Mit Kapitalkosten ist das Geld gemeint, dass in das laufende Geschäft reinvestiert werden muss, um die Firma am Laufen zu halten. Diese findet man in der Kapitalflussrechnung (Investitionen in Sachanlagen fressen den Großteil der Erträge aus dem laufenden Geschäft auf -> Free Cashflow gering oder negativ).
Durch hohe Kapitalkosten werden Unternehmen stark belastet, wenn die Erträge wegbrechen. Dann können diese Firmen ihre Kapitalkosten nicht mehr aus dem laufenden Geschäft bedienen und müssen ihre Rücklagen auflösen oder Fremdkapital aufnehmen.
Stark fallende Umsätze und Gewinne
Man kann es sich natürlich auch leicht machen und sich die Umsatz- und Gewinnzahlen anschauen. Bei vielen Zyklikern brechen die Umsätze zeitweise ein und die Gewinne folgen dieser Entwicklung. Bei manchen Firmen ist es absehbar, dass die Gewinne demnächst wieder temporär vollständig zusammenbrechen.
Hier mal zwei Beispiele von der Deutschen Post oder Daimler.
Zyklische Aktien richtig Kaufen
Jetzt, wo wir wissen, was zyklische Aktien sind und wie wir sie erkennen können, fragen wir uns, wie können wir diese Information beim Investieren einfließen lassen.
Kategorie 1: Der Zyklischer schafft langfristig Mehrwert
Nicht alle Firmen sind in der Lage, langfristig einen Mehrwert für ihre Aktionäre zu liefern. Bei Zyklikern ist diese Anzahl noch deutlich geringer, da die Abschwungphasen häufig den gesamten Erfolg der Aufschwungphase vernichten. Hier ein Beispiel von Daimler:
Daimler verbrennt in den Krisenjahren und in den Jahren danach in der Regel viel Geld, weswegen die Firma kaum in der Lage ist, ihr Eigenkapital (siehe Bilanz lesen) langfristig zu erhöhen und somit mehr Vermögenswerte zu schaffen, als Verbindlichkeiten aufzubauen. Daimler gehört demnach nicht zu Kategorie 1.
Ein Zykliker, der langfristig Mehrwerte für seine Aktionäre erzeugen kann ist beispielsweise Airbus. Das Geschäftsmodell ist (genau wie bei Daimler) stark vom Wirtschaftszyklus abhängig. Trotzdem kann Airbus sein Eigenkapital langfristig steigern und man erkennt dies auch an steigenden Aktienkursen.
Kategorie 1 ist für Buy and Hold geeignet
Solange Firmen auf lange Sicht mehr Vermögen schaffen, als Verbindlichkeiten sind sie für ein Buy and Hold Investment geeignet. Natürlich muss man diese Titel nicht blind halten. Denn auch diese Titel verlieren in ihren Abschwungphasen in der Regel massiv an Wert.
Beispiele für Kategorie 1:
- Airbus / Boeing
- BASF
- Deere
- 3M
- Intel
- Fuchs Petrolub
- Continental
Kategorie 2: Der Zyklischer schafft langfristig keinen (oder wenig) Mehrwert
Hierzu zählen für mich Firmen, die langfristig kaum eine nennenswerte Wertsteigerung erreichen können. Häufig liegt der Grund trotz hoher Gewinne darin, dass fast die gesamten Gewinne in das laufende Geschäft reinvestiert werden müssen. Dies ist beispielsweise bei Daimler der Fall.
Die Aktien dieser Firmen steigen deshalb auf lange Sicht kaum an Wert und/oder bei einem Abschwung im Zyklus des Unternehmens wird der Großteil der Wertsteigerung vernichtet.
Kategorie 2 ist für Buy and Hold nicht geeignet
Diese Firmen würde ich tendenziell niemals kaufen und liegen lassen. Das ist natürlich nur meine Meinung, aber ich glaube, man wird damit auf lange Sicht einfach eine schlechte Rendite erzielen. Wie soll eine Aktie auch steigen, wenn keine oder kaum Wertsteigerung im Unternehmen stattfindet? Das bedeutet nun aber nicht, dass man sie gar nicht kaufen kann. Später dazu mehr.
Beispiele für Kategorie 2:
- Daimler
- Deutsche Post
- Siemens
- Shell
- Heidelberg Cement
- ThyssenKrupp
Klassische Gesetze sind mit Vorsicht zu genießen
Bei zyklischen Aktien funktioniert die Welt häufig anders, als wir vielleicht vermuten. Viele Anleger kaufen gerne Aktien, wenn sie „günstig“ sind. Das ist grundsätzlich ein guter Ansatz, den auch ich verwende.
Leider verwenden viele Anleger dafür relativ „dumme“ Kennzahlen, wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder andere „Multiples“. Diese sind jedoch bei zyklischen Aktien mit Vorsicht zu genießen.
Beispiel Daimler:
In guten Zeiten steigen die Absatzzahlen und Gewinne. Der Kurs hingegen steigt kaum, da die meisten Anleger wissen, dass auch wieder schlechtere Zeiten für Daimler kommen werden. Bekanntlich wird ja an der Börse die „Zukunft“ gehandelt.
Deshalb hat Daimler in der Regel eine günstige Bewertung, wenn das Geschäft rosig läuft. In Wirtschaftskrisen sinken die Absatzzahlen und die Gewinne schrumpfen oder brechen vollständig weg. Dann fällt die Aktie in der Regel stark. Da die Gewinne aber deutlich stärker fallen, steigt das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder es wird negativ (falls die Gewinne völlig wegbrechen).
Genau wegen solchen Effekten, halte ich die meisten Bewertungskennzahlen für völlig ungeeignet. Das ist natürlich nur meine Meinung und Du kannst es gerne anders sehen.
Verlasse Dich nicht auf Dividenden
Häufig lese ich „ich halte Daimler wegen der Dividende“. Natürlich ist eine Dividendenrendite von 6% und mehr verlockend. Allerdings ist die Dividende kein guter Grund, die Aktie zu halten. Denn die Dividende ist aus meiner Sicht nicht aufrecht zu erhalten und wird bei der nächsten Abschwungphase sicher deutlich gekürzt oder fällt sogar vollständig weg. Was bleibt sich heftige Kursverluste und ein enttäuschter Privatanleger. Das konnte man auch gut in 2008 erkennen.
Massive Kurseinbrüche richtig nutzen
Wenn man zyklische Aktien in solchen Phasen gerne kaufen möchte, dann sollte man sich ein paar Gedanken machen, um keine Firmen zu kaufen, die kurz vor der Pleite stehen. Ich prüfe hierzu:
- Kann die Firma ihre Schulden bedienen?
- Ist die Firma liquide?
- Hat die Firma nachhaltige Wettbewerbsvorteile (Burggraben-Aktien)?
- Werden die Kunden die Produkte demnächst wieder vermehrt nachfragen?
- Notiert die Aktie unter ihrem intrinsischen Wert?
Wenn ich hier nicht genügend Optimismus für ein Investment finde, lasse ich die Finger davon. Diese Vorgehensweise hat mich bereits vor vielen Fehlgriffen bewahrt.
Überrendite mitnehmen und rechtzeitig wieder aussteigen
Bevor man einen Zykliker verkauft hat, sollte man sich fragen, ob der Titel Buy and Hold geeignet ist (Kategorie 1) oder nicht (Kategorie 2). Wenn man tendenziell passiv Investiert (z.B. über einen Aktiensparplan), dann kann man Firmen der Kategorie eins natürlich einfach halten.
Ich kaufe beide Kategorien und stoße die meisten Zykliker gerne bei Erreichen des fairen Wertes wieder ab, nachdem sie eine Überrendite erzielt haben.
Denn zyklische Aktien fallen zwar stark, wenn sie sich in ihrer Abschwungsphase befinden, aber steigen auch überproportional, wenn es wieder aufwärts geht. Hier ein Bild zu Daimler
Darum kaufe ich aktuell selten Zykliker
Zyklische Aktien steigen stark, wenn sie sich vom Abschwung erholen. Viele Kunden haben ihre Käufe verschoben und es entsteht „Nachholbedarf“. Deshalb bietet es sich an zyklische Aktien zu kaufen, wenn sie am Boden liegen. Das passiert durchschnittlich alle 6-8 Jahre (Dauer eines kleinen Wirtschaftszyklus).
Der letzte Wirtschaftsabschwung ist bereits 10 Jahre her. Man weiß natürlich niemals, wann es wieder soweit ist, trotzdem bin ich aktuell bei Zyklikern extrem zurückhaltend. Vor kurzem habe ich einige abgestoßen (z.B. Shell und Foot Locker). Ich halte noch meine Volkswagen-Anteile, die ich ebenfalls gerne loswerden möchte.
Die restlichen Titel in meinem Depot halte ich auch gerne durch eine Krise hindurch.
Cash von heute ist die Rendite von morgen
Natürlich schlage ich generell immer zu, wenn ich günstige Gelegenheiten finde. Bei Zyklikern, halte ich mich aber wie beschrieben zurück und spare alternativ Cash. Niemand weiß, wann es wieder wirtschaftlich Abwärts geht. Nur eines ist sicher: Es wird früher oder später passieren. Für diesen Fall möchte ich immer etwas Geld zur Verfügung haben, um die Gelegenheiten nutzen zu können. Hier kann man bei vielen Aktien auch einen Aktiensparplan nutzen, um sie günstig einzusammeln.
Zusammenfassung – Zyklische Aktien sind super, nur nicht immer!
Wir haben gesehen, was zyklische Aktien sind, wie man sie erkennen kann und wann man sie gut kaufen kann. Hier nochmal kurz meine Kriterien für einen Kauf:
- Solide Finanzen (Verschuldung und Liquidität)
- Nachhaltige Wettbewerbsvorteile
- Nachfrage zieht in Zukunft vermutlich wieder an (Kunden haben den Kauf nur aufgeschoben)
- Die Firma notiert unter ihrem intrinsischen Wert
Niedrige Bewertungskennzahlen zeigen bei vielen zyklischen Aktien leider das Ende des Zyklus an. Häufig waren dies in der Vergangenheit trotz bereits erheblichem Kursverfall, sehr schlechte Einstiegszeitpunkte.
Wer auf Nummer sicher gehen will, wartet ab bis diese Unternehmen wieder massive Probleme haben werden und die Stimmung maximal negativ ist. Diese Zeitpunkte zeichnen sich häufig aus durch:
- Sinkende Umsätze
- Niedrige oder negative Gewinne
- Niedrige Gewinnmargen
- Hohe KGVs oder negative KGVs
- Extrem negative Berichterstattung
Deshalb ist beim Kauf meiner Meinung nach eine gute Diversifikation notwendig.
In diesem Sinne happy Investing und liebe Grüße